Archiv für November, 2012

Es weihnachtet wieder und die Menschen stürmen wie die Schafe in die Gatter des Konsums. Drängen sich dicht, um an das zu kommen, was ihnen als solches einsuggeriert erstrebenswert erscheint.

Die Suche nach dem ominösen Wert, auf die wir uns nicht mittels eigener Kraft und eigenem Mut zum Risiko begeben, sondern es ängstlich und orientierungslos anderen überlassen, nämlich Profis, Experten genannt Werbefachleute, die uns erst zeigen müssen, was uns fehlt (denn wir sind im Grunde unseres Herzens alle Mangelware oder -wesen, und immer schon gewesen, auch das wird uns suggeriert und der heilige Bimbam wird geläutet).

Und dann erscheinen sie uns als Retter in der Not und zeigen uns schließlich, was wir brauchen um diesen Mangel zu kompensieren.

Alles relativ altbekannt und hart für die Zähnchen wie ein alter Keks.

Kaschiert wird dieser Akt mit einem Fest des Schenkens und der Nächstenliebe. Aber eigentlich wollte ich mich gar nicht aufregen. Warum auch?

Vor ca. 2012 Jahren wurde ein Mensch geboren, der später von seinen Zeitgenossen als so unglaublich empfunden wurde, dass sie ihn andauernd mit ihrem Gott in Verbindung bringen mussten. Er war scheinbar einer von denen, die eine radikale These vertraten. Dieser vertrat eine für unsere Verhältnisse heute sehr extreme Form der sog. „Nächstenliebe“.

Was auch immer das sein soll.

Gut, ich kannte diesen Jesus nicht persönlich und die Schreiber des Neuen Testamentes auch nicht wirklich, eher vom Hörensagen. Doch dies ändert offensichtlich an der Kraft seiner Geschichten nicht viel.

Oft habe ich den Eindruck, dass Jesu Leben ein sehr großes Fragezeichen bei seinen Zeitgenossen hinterlassen hat und dieser unbefriedigende Eindruck es war, der letztendlich die Wellen erzeugte, auf denen seine Geschichten (mehr oder weniger ausgeschmückt) über die Jahrtausende hinweg in unsere Zeit geschwemmt wurden.

Denn, Hey ho, Jesus persönlich hat nichts im materiellen Sinne Bleibendes hinterlassen, nichts Schriftliches, auch keine selbst gemalten Bilder, nicht mal Nachkommen (wobei, da bin ich mir nicht sicher, eigentlich bin ich mir bei diesem ganzen Artikel überhaupt gar nicht sicher, aber nun ist es halt schon passiert).

Eines aber ahne ich. Seine zentrale Botschaft scheint so weit entfernt von unserem wirtschaftsorientiertem Weihnachtsfest zu sein, wie wir von der nächsten Galaxie.

Wir fassen einen Begriff mit unserem Ratio-Netz ein (zum Beispiel die „Nächstenliebe“).

Freuen uns dann dermaßen darüber, dass die Imaginationskraft überfließt und schwenken dann in der festen Überzeugung eine Erkenntnis in der Hand zu haben diesen Begriff mit unseren im Wind vorhandenen oder nicht vorhandenen wehenden Haaren hin und her, ohne zu merken, dass wir zwar einen Begriff, diesen aber nicht wirklich begriffen haben.

Ungefähr so wie ein Kindergartenkind, das durch Gruppenzwang genötigt ein Luxusklassenschlitten aus Knete zu formen, in seiner Verzweiflung ein Gebilde formt, das eher aussieht wie eine elvismäßig gutaussehende Schildkröte und diese dann auf den Tisch knallt, in der vehementen Behauptung (und auch mit Schweiß begleiteter Überzeugung) eine glasklare Entsprechung mit einem Oberklassenfahrzeugsdings erreicht zu haben.

Na ja, ich behaupte jetzt mal (und bin auch schweißmäßig davon überzeugt), dass dies ein treffendes Beispiel war.

Wie dem auch sei und um wieder zum Pamphlet zurückzukehren, scheint der Wahnsinn in die Umsetzung dieser in dunkler Vorzeit liegenden urmenschlichen aber vielleicht auch ureigenst-menschlichen Botschaft Einzug gehalten zu haben.

Dafür möchte ich jetzt mal nicht nur die Amerikaner verantwortlich machen. Die sind ja auch nur Menschen.

Auch nicht unser System (das habe ich auch noch nie persönlich kennengelernt).

Trotzdem frage ich mich, warum mir dieses alljährliche konsumorientierte Weihnachtsfest so zuwider ist.

Es ist nicht von ungefähr die ertragreichste Zeit des Jahres für den Handel, die dementsprechend von der Werbung (die kenne ich persönlich leider auch noch nicht, nur von Hörensagen) zusätzlich aufgepuscht wird.

Ich nehme für mich nicht in Anspruch, die Botschaft dieses Jesus zu kennen.

Ich gebe aber zu, dass ich ihn sehr gerne Mal kennengelernt hätte, um mir mein eigenes Bild von ihm zu machen. Leider muss ich mich auf das Bild, das die Augenzeugen den Geschichtsschreibern hinterlassen haben (oder zumindest auf das Bild, das die NT Schreiber aus dem Bild der Augenzeugen gezeichnet haben) verlassen.

Aber ein junger Kerl, der sein Heimatdorf verlässt und in die Wüste geht, um sich selbst zu finden, mutet schon recht seltsam an.

Dann kehrt er mit einem recht beeindruckendem Charisma aus der Wüste zurück, sammelt nicht nur 12  mitten im Leben stehende Männer, sondern auch bald eine ganze Ansammlung von Pennern, Kranken, Asozialen, Nutten und wasweißichalles um sich, um ihnen auf einem Berg eine Agenda mitzugeben und schließlich aufs Ganze zu gehen.

Kamikazeflug auf den Flugzeugträger des damaligen Systems. Der Samen eines neuen Sinns im fruchtbaren Boden des Straßenrandes gesät.

Ich behaupte, dass Jesus wusste, dass er mit dem Besuch der Hauptstadt sein Leben aufs Spiel setzen würde (der nahe Osten war schon damals sehr umkämpft).

Integer schien er gewesen zu sein. Unterschrieb seine Botschaft des bedingungslosen Grundeinkommens… halt falsch! … ich meine natürlich der bedingungslosen Nächstenliebe mit seinem eigenen Blut und das recht leserlich.

Was sagt mir das persönlich?

Eines, was ich daraus lernen kann, was mir annähernd erstrebenswert erscheint, ist diese Botschaft einer Liebe, die uns selbst übersteigt, indem es uns in der Sorge um andere selbst verzehrt.

Klingt schlimm, ist es aber nicht, denn schlimmer scheint es zu sein, an sich selbst gefesselt zu sein (Kostprobe gefällig? Langeweile!).

Sich selbst einen Augenblick lang vergessen in der Fürsorge um den Anderen. Ein Stück Sterben für den Anderen. War nicht das die Botschaft? Vielleicht, vielleicht nicht, vielleicht war auch alles nur ein Missverständnis.

Vielleicht bin ich auch nur ein Keks, der sich nach Milch sehnt.

Wer weiß das schon, aber heiliger Bimbam, ist Wissen wirklich der Sinn von alledem?

Eines befürchte ich aber zu ahnen:

Würde ich nach 40 Tagen nur mit dem Proviant des „Gottvertrauens“ aus der Wüste kriechen, zurück in unsere Weihnachtszeit, würde ich mich aller Wahrscheinlichkeit nach erst einmal übergeben…

Fröhliche Weihnachten!

Wöermchen

Veröffentlicht: November 23, 2012 von kynischetonne in Eigene Texte, Literatur
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Ai Te füpen Wöermchen breknet
Dumfal sopaya

Schnippidi schnippidi

Ai Te Wöermchen pfüpen
Ai Te Wöermchen ippen

Wöermchen te Bretchen kroten ip te Schnipp
Ai te schnipp sop te krip

Ba te Wöermchen Bretchen pfüpen e ippen

Kaledei nürg tu dega
Ips te bu
schmu schmu zip

Oleva te nürg zwasch
o te ippen swippen

Die Affen auf dem Rücken

Veröffentlicht: November 18, 2012 von kynischetonne in Eigene Texte, Literatur
Schlagwörter:, , , ,

 

 

 

 

Irgendwie schaffen es die Affen

auf gebückten Rücken
nach Zuckerstücken zu gaffen.

Haben sie eines der entzückenden Stücke von fern erblickt,
machen es die Affen auf den gebückten Rücken sehr geschickt,

du wirst ganz einfach mit einem Biss geknickt
und zur Zuckerstückenbückdichjagd geschickt.

Herr Tod

Veröffentlicht: November 17, 2012 von kynischetonne in Eigene Texte, Literatur
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Eines schönen Tages ging Herr Blind im Park spazieren.
Nach einer Weile bemerkte er einen Mann, der andauernd im Kreis spazierenging.
Herrn Blind verwunderte dies sehr und so beschloß er diesen Mann zu fragen,
weshalb er dies tat.

„Mein Herr, warum gehen sie andauernd im Kreis?“

Der Mann erwiderte ohne aufzuschauen:

„Wenn ich im Kreis gehe, gibt es kein Ende.
Würde ich geradeaus gehen, so würde ich mit dem Gefühl geradeaus gehen,
irgendwann ans Ende meines Weges anzukommen. Dies möchte ich mir
ersparen, indem ich hier im Kreis gehe.“

Herr Blind verstand diesen Mann nicht und sah keinen Sinn in dem, was der
Mann tat.
Deshalb sprach er:

„Wenn sie andauernd im Kreis gehen, finden sie kein Ende, aber welchen Sinn hat dies?
Wenn sie andauernd im Kreis gehen, können sie auch kein Ziel haben und wo bleibt der Sinn, wenn es kein Ziel gibt?“

Der Mann, der andauernd im Kreis ging, hielt plötzlich inne und schaute auf.

„Es gibt kein Geradeaus.
Würde ich immer nur geradeaus gehen, würde ich eines Tages an den Ort, an dem ich loslief, wieder ankommen.
Eigentlich wäre ich da auch nur im Kreis gelaufen, mir aber käme es vor, ich
wäre geradeaus gelaufen.
Sie sehen, mein Freund, es gibt kein Geradeaus,
genauso wie es kein Ziel gibt.
Deshalb gehe ich hier im Kreis, um mir dies vor Augen zu halten.“

Der Mann schaute wieder zu Boden und begann sein Kreisweg fortzusetzen.
Herr Blind schaute dem Mann noch eine Weile zu und da es ihn betrübte, den
Mann so laufen zu sehen, ging er nach Hause um sich zu erhängen.
Der Mann ging weiterhin im Kreis und es kamen ein paar Leute vorbei, die Herrn Tod grüßten.

English: David Graeber on a boat at Fire Island.

English: David Graeber on a boat at Fire Island. (Photo credit: Wikipedia)

So beschreibt David Graeber in seinem Werk „Schulden. Die ersten 5000 Jahre“ dieses große ominöse Fragezeichen (vor dem noch größeren Ausrufezeichen), das die weltweite Finanzkrise in uns hervorgerufen hat. Es ist vielleicht auch eine Frage nach dem System und der Rolle des Individuums darin als eines Subjektes in seiner ursprünglichen etymologischen Bedeutung, nämlich der eines „Unterworfenen“.

Worin besteht die Korrelation zwischen System und Individuum?
Klar ist, dass die beschränkten, wenn auch funktionalen Sichtweisen des „homo sociologicus“ (oder des soziologischen Menschen), des „homo oeconomicus“ (oder des Nutzenmaximierers) oder einer Mischung beider (dem homo socio-oeconomicus) nur Teilaspekte bei der Grundfrage, was der Mensch ist, sein können. Graebers „Anfang von etwas, das noch nicht bestimmt werden kann“ meint vordergründig die Problematiken eines bestimmten Systems, tiefergehend aber die Frage nach dem Menschen selbst.
Die alte Frage eben.
Was ist der Mensch?
Der Mensch ist ein Wesen, das sich durch „Subjektivität“ auszeichnet. Nun birgt dieser Begriff selbst ein großes Fragezeichen in sich.
Denn was ist Subjektivität?
Subjektivität wird als Inbegriff dessen gebraucht, was zu einem Subjekt als beharrender Substanz gehört.
Man könnte sagen seine psychophysische Landschaft, die das Empfinden, Denken und Urteilen bestimmt und daher die volle Abhängigkeit vom Subjekt bedeutet. Somit ist die egozentrische Sicht die gezwungenermaßen erste Sicht.
Dem gegenüberstehend ist das Objekt als reales (Gegenstand) und ideales (Erkenntnis). Der Begriff „objektiv“ beschreibt daher gewissermaßen ein Versuch der Überwindung des Subjektiven, indem es vom Subjekt absieht, aber als ein solcher Versuch immer ein Ideal bleibt.
Der Umstand, dass wir vom „Subjektiven“ sprechen können, weist schon auf etwas „Objektives“ hin.
English: Georg Simmel

English: Georg Simmel (Photo credit: Wikipedia)

Georg Simmel hat es in seinem Werk „Philosophie des Geldes“ interessant formuliert. Er spricht darin von „Wirklichkeit und Wert als gegeneinander selbständige Kategorien, durch die unsere Vorstellungsinhalte zu Weltbildern werden.“ (Simmel 1900).

Das Ideal der Objektivität, wie sie die naturwissenschaftliche Sichtweise praktiziert, wird relativiert durch den „Wert“ oder genauer Wertung als einer neuen Kategorie, die als Vorgang vom Subjektiven nicht vollständig zu trennen ist. Durch die Wertung erschaffen wir eine Welt der Werte, die die Inhalte der Wirklichkeit in eine neue autonome Ordnung fasst und somit Form und Kategorie des Weltbildes wird. Das Phänomen der Wertung selbst ist hierbei eine Übersetzung der Zustände des Begehrens und des Genießens im Hinblick auf den Widerstand, die insgesamt selbst wieder objektiven Charakter bekommen kann. Simmel gibt die Richtung der Wertbildung vor, wie sie in der Wirtschaft stattfindet.

„Wie man von dem göttlichen Prinzip gesagt hat, dass es, nachdem es die Elemente der Welt mit ihren Kräften versehen habe, zurückgetreten sei und sie dem gegenseitigen Spiele dieser Kräfte überlassen habe, so dass wir nun von einer objektiven, ihren eigenen Relationen und Gesetzen folgenden Welt sprechen können; wie aber die göttliche Macht dieses Aus-sich-heraussetzen des Weltprozesses als das geeignetste Mittel erwählt hat, ihre Zwecke mit der Welt am vollständigsten zu erreichen: so bekleiden wir innerhalb der Wirtschaft die Dinge mit einem Wertquantum wie mit einer eigenen (< 29) Qualität ihrer und überlassen sie dann den Austauschbewegungen, einem durch jene Quanten objektiv bestimmten Mechanismus, einer Gegenseitigkeit unpersönlicher Wertwirkungen – aus der sie vermehrt und intensiver genießbar in ihren Endzweck, der ihr Ausgangspunkt war: das Fühlen der Subjekte, zurückkehren.“ 

David Graeber setzt nun an den moralischen Fundamenten der ökonomischen Verhältnisse an. Bei ihm beginnt der Handel mit einem „Versprechen“ oder einem Kredit. Daraus entwickelte sich die „Ehre und Entehrung“ als Basis der aktuellen zivilisatorischen Zustände und der Wirtschaft.
Geld, das ursprünglich als Medium der Beziehung zwischen Dingen und Wert benutzt worden ist, wurde selbst zum idealisiert-objektiven Gegenstand mit dem Resultat, dass es soziale Beziehungen zu überlagern begann.
Eine zentrale Frage Graebers ist hierbei, warum die Moral der Schulden stärker ist als jede andere Art der Moral und untolerierbares Leid akzeptabel erscheinen lässt.

Graeber geht mit der anthropologischen Brille an das Problem heran. Er unterteilt hierzu die Entwicklung des monetären Systems in fünf Zeitalter.

Von 3000 v. Chr. bis 600 n. Chr. spielte sich das Zeitalter der frühen städtischen Zivilisationen ab, in dem Geld in erster Linie als Verrechnungseinheiten für den auf Kreditabsprachen beruhenden Handel verwendet wurde. Edelmetalle und Waren wurden hierbei oft innerhalb oder in der Nähe von Tempeln gehortet. Verschuldungen führten immer wieder zu sozialen Unruhen und zu Schuldenschnitten.

800 v. Chr. bis 600 n. Chr. fand das Zeitalter der Achse oder „Achsenzeit“ statt.
Diese Zeit war geprägt durch einen geistigen Wandel.
Man begann vermehrt Münzgeld herzustellen um Kriege damit finanzieren zu können, denn die großen Söldnerheere wollten bezahlt werden. An das Edelmetall gelangte man durch Plünderungen in Eroberungskriegen und Ausbeutung von Minen durch Sklaven. Schuldenerlasse wurden abgeschafft und die Verarmung freier Bürger in Kauf genommen. Sozialen Unruhen begegnete man mit der Aussiedlung von Aufmüpfigen in zuvor eroberte Gebiete oder durch staatlichen Maßnahmen wie „Brot und Spiele“. Materialistische Ideologien verbreiteten sich und philosophische und religiöse Schulen mit konträren Anschauungen traten diesen entgegen und setzten sich letztendlich durch, nachdem die Grundlage der Eroberungsökonomie durch die Verfestigung von Großreichen weggebrochen war.

Das Mittelalter dauerte von 600 bis 1450 und von
1450 bis 1971 das Zeitalter der kapitalistischen Imperien.

Seit der Aufhebung des Goldstandards des US-Dollars am 15. August 1971 bis heute, bewegen wir uns im „Anfang von etwas, das noch nicht bestimmt werden kann.“ (Graeber 2012).

Ich bin gespannt, wie lange dieses „noch nicht“ noch dauern wird.
Mag man Simmel glauben, wird der Widerstand einer Sache zu ihrer neuen Wertdefinition beitragen.
So oder so. Es lebe die Krise.

Literatur:
Graeber, D.: Schulden. Die ersten 5000 Jahre. 1. Aufl., Stuttgart 2012
Simmel, G.: Philosophie des Geldes. 1. Aufl., Berlin 1900

Pädagogisch sinnloses Fingermärchen

Veröffentlicht: November 14, 2012 von kynischetonne in Eigene Texte, Literatur
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„Bist du blöd, oder was?“
schrie der Daumen, nachdem ihn der Hammer getroffen hatte.
Blut spritzte an seinen Seiten heraus und er hing nur noch schlaff von der Hand herab.

Nach einiger Zeit bemerkte der Zeigefinger, daß der Daumen nicht mehr auf seinem Posten war. Unerhört! Das musste er sofort melden.
Er hatte sowieso noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen. Denn er fand, dass ihm dieser Sonderposten gar nicht zustand, da er inkompetent, genauer gesagt, zu kurz war.
Ich werde dir nicht helfen, dachte sich der Zeigefinger. Möge der Posten frei werden für den, dem es eigentlich zustand. Nämlich für ihn selbst.
Der Zeigefinger schnippte den Daumen kurz an, der seinerseits baumelnd, irgendwie keine Ähnlichkeit mehr mit einem Daumen hatte.

Der Mittelfinger sah, was der Zeigefinger getan hatte und auch er stattete dem Daumen einen kleinen Besuch ab.
„Wegen dir, wegen dir durfte ich mein Leben lang die Drecksarbeit machen. Mir ist es scheißegal, was mit dir passiert ist. Hast du jemals einen anderen aufgefordert mir zu helfen? Nein!“.

Und auch er wandte sich ab.

Der Ringfinger hatte einen kleinen Blutspritzer abbekommen, doch dies irritierte ihn kaum.
„Ich habe Wichtigeres zu tun. Ich muss nämlich diesen kostbaren Ring tragen. Steht er mir denn nicht ganz ausgezeichnet?“.

Der kleine Finger hatte von all den Geschehnissen kaum etwas mitbekommen. Denn er konzentrierte sich den ganzen lieben langen Tag nur auf das, was der Ringfinger zu sagen hatte.
„Du bist wunderschön, ach, und dieser RING, er STEHT dir wirklich ganz ausgezeichnet“.
Und so versuchte er den Ringfinger zu imitieren.

Das Bewusstsein des Engels stellte sich die Frage, was ihm das Geschehene sagen will.

Die Hand ist nicht mehr zu gebrauchen, kam sogleich die Antwort.

So zog er sein Flammenschwert und schnitt sie ab.

Der Kyniker sagt…(1)

Veröffentlicht: November 12, 2012 von kynischetonne in Der Kyniker sagt..., Philosophie
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Du bist nie Verlierer.
Wenn der andere meint,
du hättest etwas verloren,
täuscht er sich.
Denn du hast Erfahrung gewonnen,
die du wieder investieren kannst.

Klingt irgendwie bescheuert oder um es philosophisch auszudrücken, wie eine Tautologie.

Tautologie bedeutet, wenn ich dasselbe anders sage. Was strenggenommen wieder eine tautologische Aussage wäre. Ein „Selbstdreher“ sozusagen. Aber darum geht es heute nicht.
Es geht um die Wirklichkeit der Realität.
Doch ist beides nicht dasselbe?
Im alltäglichen Sprachgebrauch wird zwischen den beiden kaum unterschieden. Wenn man aber nach der Wirklichkeit der Realität fragt, wie im obigen Titel dieses Blogs, dann sieht die Sache schon etwas anders aus.
Denn der Titel impliziert die Frage, wie wirklich unsere Realität ist.
Wirklichkeit ist zunächst einmal eine sehr persönliche Angelegenheit, wenn ich das mal so sagen darf. Denn das, was der Fall ist, ist zunächst einmal für mich der Fall oder besser mein ureigenes Fallen, womit die Wirklichkeit eine wäre, die in irgendeiner Form auf mich „wirkt“. Zahlen oder generell Abstraktes wäre demnach etwas, das weniger Wirklichkeit ist in dem Sinne, dass es „wirkt“, sondern mehr in dem Sinne, dass es denkunabhängige Bestandteile sind, die Elementen von Realität entsprechen. Diese bezeichnet man als ontologischen Realismus.
Heiliger Strohsack!
Sobald sich aber Solipsisten treffen, einigt man sich in der Regel nach anfänglichen Irritationen (die Philosophen in der Regel mit Alkohol überwinden) auf den erkenntnistheoretischen Realismus, d.h. der Ansicht, die eigene Meinung könnte doch etwas mit beobachtungsunabhängig existierenden Gegenstände zu tun haben. Spätestens dann nämlich, wenn der Kollege den Krug mit dem Wein, den man für sich selbst beanspruchte, leer getrunken hat.
Denn dass der Krug leer ist, kann jeder für sich feststellen, so dass wir es hier mit einem für alle Beobachter identischen Sachverhalt zu tun haben. Auf die sprachphilosophischen Erörterungen, die aufgrund des Fehlens des Weins anschließend in Form von Flüchen und Beschimpfungen ausgetragen werden, möchte ich hier nun nicht „wirklich“ eingehen, denn meines Erachtens beschränkt sich Erkenntnis nicht nur auf Formulierbares, wobei man natürlich auch alles tot reden kann und R.I.P usw.
Aber nein!
Was ist nun, wenn der Umstand eines Kruges, des Weins, einer Zusammenkunft, der Kommunikation usw. im weitesten Sinne Resultate von gedanklichen Konstruktionen sind, die wiederum auf die eigene Rezeptivität (die wiederum gedanklich ist)
zurückwirken und insofern alles irgendwie gedankliche Konstruktion ist?
Dies würde natürlich erklären, wie Intersubjektivität ungefähr funktioniert. Denn wenn alles eine gedankliche Konstruktion ist, dann ist die Wirklichkeit eine aus uns heraus entstandene Wirklichkeit,
die für uns verstehbar ist.
Mit anderen Worten: Sie hätte einen epistemischen Zugang, der nur relativ relativ ist (wieder eine Tautologie?) und sich daher auch bis zu einem gewissen Grad durch Verlässlichkeit auszeichnet.
Was „Wissen“ im Grunde meint (bei diesem Satz sollte man nach Weinflaschen Ausschau halten, die man von Philosophen an den Kopf geworfen bekommen könnte), ob nur Wirkungen beschreibbar oder auch gedankliche Gegenstände realiter sind, ist eine uralte, seit unseren Urvätern bei Alkohol heiß diskutierte Frage, die bis heute nicht abschließend geklärt werden konnte.
Erst kürzlich erzählte mir ein Freund, dass seine Tochter aus dem Nebenzimmer rief, sie müsse den blöden Drachen töten, sie aber keinen Bock darauf habe, weil man so weit zu ihm hinlaufen müsse (sie spielte gerade ein Fantasy Spiel am Computer).
Er hatte sich noch gewundert und diesen Ausruf mit ihren Hausaufgaben assoziiert.
Demnach wäre ihre Hausaufgabe gewesen, den Drachen zu töten.
Aber wissen Sie was?
Ich für meinen Teil hoffe,
dass sie den weiten Weg zum Drachen nicht gegangen ist
und er noch lebt.

Emmanuel Levinas

Veröffentlicht: November 11, 2012 von kynischetonne in Philosophie
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Emmanuel Levinas

Emmanuel Levinas (Photo credit: Wikipedia)

Der Mensch läßt sich sehr wohl als ein Gegenstand der Erkenntnis behandeln und zeigt sich dem Wissen im Wahren der Wahrnehmung und im Licht der Sozialwissenschaften. Aber: ausschließlich als Objekt betrachtet, ist der Mensch mißachtet und verkannt. […] Wir sind Menschen, bevor wir Wissenschaftler sind […]  (S. 9)

(Außer sich. Meditationen über Religion und Philosophie, München/Wien 1991.)

Selbst wenn am Ende alles gewußt wird, glauben wir nicht, daß das Wissen der Sinn und der Zweck von allem ist. (S. 197)

(Wenn Gott ins Denken einfällt. Diskurse über die Betroffenheit von Transzendenz, Freiburg/München 1985.)