Mit ‘Geschichte’ getaggte Beiträge

Gut, Pornographisches und Spielfilm gehen zusammen. Dabei stellt Lars von Trier nicht den neuen Porno für Intellektuelle vor – im Gegenteil – von einem Porno ist er weiter entfernt als jede konventionelle Hollywood-Komödie. Viel eher müsste man von einem Anti-Porno mit pornographischen Mitteln sprechen. Die Erwartungshaltung des Voyeurs wird aufgegriffen, die erzählerischen Wege des Films sind aber lang und unbarmherzig, der Voyeur wird kaum auf seine Kosten kommen. Was bleibt? Der nachhaltige Eindruck, dass Spielfilm und Pornographisches sich nicht (mehr) ausschließen, dass der Film also ein neues Ausdrucksmittel gefunden hat.

Seligman ist eine eigenartige Figur. Auf der einen Seite gibt er den weltabgewandten Freidenker, immer bereit, über die bescheidenen Ausdrucksmöglichkeiten der Protagonistin hinwegzuhelfen. Wie schön, dass uns jemand über Bach und die Kunst des Angelns aufklärt. Nicht nur Joe lernt da was, auch das Wissens des Zuschauers wird angereichert bzw. aufgefrischt. Sehr lehrreich – ob das vielleicht sogar für die Schule taugt?

Auf der anderen Seite ist da der geduldige und einfühlsame Seligman. Fast könnte man ihn in der Rolle des Therapeuten sehen. Er wertet nicht, sondern möchte verstehen. Aber wenn man ihn schon in dieser Rolle sieht, dann stellt sich dringend eine Frage: Warum glaubt er der Erzählerin? Warum gibt er ihr so viel Raum? Warum unterfüttert er ihre Geschichte mit lehrreichen Analogien anstatt sie zu hinterfragen? Schließlich weiß der Therapeut, dass die Erzählerin mit ihrer Geschichte genau soviel verdeckt, wie sie offen legt. Gerade um zu verstehen, muss er das Erzählte ernst nehmen, aber glauben darf er nicht.

Und an genau dieser Stelle wird es nervig. Den Zuschauer und Seligman verbindet ein Erkenntnisinteresse. Stellvertretend für den Zuschauer stellt er Fragen, unterbricht oder merkt dies oder jenes an. Nur kommt er einem dabei vor, wie eine Energiesparlampe der älteren Generation: Wenn man sie einschaltet, scheint der Raum noch dunkler zu werden. Seine Exkurse über das Angeln oder die Musik machen nichts klarer. Der Zuschauer wünscht sich Fragen, die in die Tiefe gehen und die Selbstverständlichkeiten der Erzählung aufbrechen; er bekommt gelehrsame Analogien, die das ohnehin schon Oberflächliche nur noch noch rätselhafter erscheinen lassen. Stellenweise tauchen Fragen oder Einschübe auf, die in die gewünschte Richtung gehen. Doch Joe wehrt diese erfolgreich ab, sie bleibt der Souverän ihrer Geschichte.

Das erklärte Ziel der Erzählung ist es, die Person der Erzählerin und ihre Erlebnisse verständlich zu machen. Zu keinem Zeitpunkt scheint man diesem Ziel näher zu kommen. Eigentlich wird permanent die Absurdität dieser Zielsetzung demonstriert. Grund hierfür ist eine Prämisse, die von beiden Gesprächsteilnehmern nicht infrage gestellt wird: Die Souveränität der Erzählerin über den Stoff ihrer Erzählung (also über sich und das eigene Leben). Vergegenwärtigt man sich die Situation Joes in der ersten Szene – sie liegt blutend in einer Gasse – so zeigen allein schon diese Umstände, wie es um die Souveränität bestellt ist.

Kurz gesagt: Joe will sich erklären, weil sie davon ausgeht, sich und ihre Geschichte zu verstehen. Das Gegenteil einzugestehen hätte am Anfang der Erzählung stehen müssen.

Eine kleine Geschichte über Hände

Veröffentlicht: Februar 26, 2013 von kynischetonne in Eigene Texte, Literatur
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Wir haben doch alle Hände, oder?

Na klar!

Dazu eine kleine Geschichte.

Vor langer Zeit benutzten wir unsere Hände fast nur dazu, uns an irgendwelchen Stellen am Körper zur eigenen Erleichterung zu kratzen. Dann, etwas später, fassten wir den Entschluss uns mit unseren Händen einen Turm bis zu Gott zu bauen.

Wisst ihr was weiter geschah?

Gott sah das (man konnte den Lärm auch kaum überhören) und er war überhaupt nicht damit einverstanden, da er uns ja nicht nur Hände gegeben hatte, sondern auch Füße und den ganzen anderen Rest bis hin zum Kopf. Deswegen schnippte er den riesigen Turm, der schon fast bis zum Himmel reichte, einfach um. Bummwiedumm! Nachdem das ganze Bauwerk krachend und tosend zur Erde gestürzt war, sprach Gott nach einer kleinen Weile zu den verdutzten Überlebenden:

„Oh mir, oh mir! Ihr Deppen!

Ich habe euch doch nicht Hände geschenkt, dass ihr mich dann damit und mit eurem hirnrissigen Turm hier in meinem Himmel begrapschen könnt. Ich hab euch Hände geschenkt, damit auch ihr euch gegenseitig und allen anderen Lebewesen die Hände schenkt!“

Und mit einem furchterregenden Donnergrollen verschwand Gott.

Stolpernde Reime

Veröffentlicht: Januar 2, 2013 von kynischetonne in Eigene Texte, Literatur
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Gedichte schreiben meinen
um Geschichten reimen leimen
das Dröhnen im Topf hören
aus der Deckung heraus
auszumachen
was andere und wir gerade
in der Manie gedacht als intelligente Schmerztherapie
die nie greift
reift der Drang
Strang aus Worten knebeln
hebeln mit dem Gedichte schreiben
bleiben
treiben das Holpern ins Stolpern
Der Reimeleim hält nicht mehr
sehr
mehr
sehr
Punkt gefunden
Geh den Fundpunkt runden