Mit ‘Tod’ getaggte Beiträge

Nietzsches Dialektik

Veröffentlicht: März 25, 2014 von kynischetonne in Gelesen&zitiert
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Die Vier Apostel, rechter Teil, Szene: Die Heiligen Markus und Paulus. Albrecht Dürer. Public Domain.

Die Vier Apostel, rechter Teil, Szene: Die Heiligen Markus und Paulus. Albrecht Dürer. Public Domain.

Bei Nietzsche hat man den großen Gegensatz zwischen Christus und Paulus: Christus, der sanftmütigste, der liebevollste aller Dekadents, eine Art Buddha, der uns von der Priesterherrschaft und von jeder Vorstellung von Verfehlung, Strafe, Sühne, Urteil, Tod und dem, was dem Tod folgt, befreit hat – jener Mensch wurde durch den schwarzen Paulus verdoppelt, der Christus am Kreuz hängen ließ, ihn immer wieder dahin zurückführte, ihn auferstehen ließ, den Schwerpunkt auf das ewige Leben verlagerte und einen neuen Priestertypus erfand, der noch viel schrecklicher war als die vorhergehenden […].

Gilles Deleuze/Félix Guattari, Kleine Schriften

Herr Tod

Veröffentlicht: November 17, 2012 von kynischetonne in Eigene Texte, Literatur
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Eines schönen Tages ging Herr Blind im Park spazieren.
Nach einer Weile bemerkte er einen Mann, der andauernd im Kreis spazierenging.
Herrn Blind verwunderte dies sehr und so beschloß er diesen Mann zu fragen,
weshalb er dies tat.

„Mein Herr, warum gehen sie andauernd im Kreis?“

Der Mann erwiderte ohne aufzuschauen:

„Wenn ich im Kreis gehe, gibt es kein Ende.
Würde ich geradeaus gehen, so würde ich mit dem Gefühl geradeaus gehen,
irgendwann ans Ende meines Weges anzukommen. Dies möchte ich mir
ersparen, indem ich hier im Kreis gehe.“

Herr Blind verstand diesen Mann nicht und sah keinen Sinn in dem, was der
Mann tat.
Deshalb sprach er:

„Wenn sie andauernd im Kreis gehen, finden sie kein Ende, aber welchen Sinn hat dies?
Wenn sie andauernd im Kreis gehen, können sie auch kein Ziel haben und wo bleibt der Sinn, wenn es kein Ziel gibt?“

Der Mann, der andauernd im Kreis ging, hielt plötzlich inne und schaute auf.

„Es gibt kein Geradeaus.
Würde ich immer nur geradeaus gehen, würde ich eines Tages an den Ort, an dem ich loslief, wieder ankommen.
Eigentlich wäre ich da auch nur im Kreis gelaufen, mir aber käme es vor, ich
wäre geradeaus gelaufen.
Sie sehen, mein Freund, es gibt kein Geradeaus,
genauso wie es kein Ziel gibt.
Deshalb gehe ich hier im Kreis, um mir dies vor Augen zu halten.“

Der Mann schaute wieder zu Boden und begann sein Kreisweg fortzusetzen.
Herr Blind schaute dem Mann noch eine Weile zu und da es ihn betrübte, den
Mann so laufen zu sehen, ging er nach Hause um sich zu erhängen.
Der Mann ging weiterhin im Kreis und es kamen ein paar Leute vorbei, die Herrn Tod grüßten.