Mit ‘Wüste’ getaggte Beiträge

Lebe wohl

Veröffentlicht: Februar 24, 2014 von weizzenbrot in Eigene Texte
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Ja, geh du schon mal vor“ hatte ich gedankenverloren geantwortet. Ehe ich meinen Blick wieder auf den Weg richten konnte, war sie verschwunden. Weit ist sie nicht gekommen, also ging ich ihr nach. Der Weg wurde schmaler, bald war es ein kaum noch zu sehender Pfad, der sich in einer ausgedehnten Ebene verlor. Einzig ein Stein hier und da ließ mich hoffen, dass es noch nicht zu Ende war. Es mussten Wegmarkierungen sein, also ging ich weiter.

Bald wurde es sandig, die Sonne brannte, vor mir lag nur noch Wüste. Was kann es dort geben außer den langsamen Tod? Vielleicht wusste sie es nicht besser und ist blind den Steinen gefolgt. Oder sie war eine Getriebene, die suchte, was es nur hier gab. Vielleicht irrte sie ziellos und in weiten Kreisen durch den Sand, sonnenverbrannt und halb wahnsinnig. Vielleicht kannte sie auch Schleichwege und verborgene Quellen. Dann würde sie im kühlen Schatten rasten, erschöpft aber ihres Weges gewiss.

Wie es auch sein mochte, ich kehrte um.

Es weihnachtet wieder und die Menschen stürmen wie die Schafe in die Gatter des Konsums. Drängen sich dicht, um an das zu kommen, was ihnen als solches einsuggeriert erstrebenswert erscheint.

Die Suche nach dem ominösen Wert, auf die wir uns nicht mittels eigener Kraft und eigenem Mut zum Risiko begeben, sondern es ängstlich und orientierungslos anderen überlassen, nämlich Profis, Experten genannt Werbefachleute, die uns erst zeigen müssen, was uns fehlt (denn wir sind im Grunde unseres Herzens alle Mangelware oder -wesen, und immer schon gewesen, auch das wird uns suggeriert und der heilige Bimbam wird geläutet).

Und dann erscheinen sie uns als Retter in der Not und zeigen uns schließlich, was wir brauchen um diesen Mangel zu kompensieren.

Alles relativ altbekannt und hart für die Zähnchen wie ein alter Keks.

Kaschiert wird dieser Akt mit einem Fest des Schenkens und der Nächstenliebe. Aber eigentlich wollte ich mich gar nicht aufregen. Warum auch?

Vor ca. 2012 Jahren wurde ein Mensch geboren, der später von seinen Zeitgenossen als so unglaublich empfunden wurde, dass sie ihn andauernd mit ihrem Gott in Verbindung bringen mussten. Er war scheinbar einer von denen, die eine radikale These vertraten. Dieser vertrat eine für unsere Verhältnisse heute sehr extreme Form der sog. „Nächstenliebe“.

Was auch immer das sein soll.

Gut, ich kannte diesen Jesus nicht persönlich und die Schreiber des Neuen Testamentes auch nicht wirklich, eher vom Hörensagen. Doch dies ändert offensichtlich an der Kraft seiner Geschichten nicht viel.

Oft habe ich den Eindruck, dass Jesu Leben ein sehr großes Fragezeichen bei seinen Zeitgenossen hinterlassen hat und dieser unbefriedigende Eindruck es war, der letztendlich die Wellen erzeugte, auf denen seine Geschichten (mehr oder weniger ausgeschmückt) über die Jahrtausende hinweg in unsere Zeit geschwemmt wurden.

Denn, Hey ho, Jesus persönlich hat nichts im materiellen Sinne Bleibendes hinterlassen, nichts Schriftliches, auch keine selbst gemalten Bilder, nicht mal Nachkommen (wobei, da bin ich mir nicht sicher, eigentlich bin ich mir bei diesem ganzen Artikel überhaupt gar nicht sicher, aber nun ist es halt schon passiert).

Eines aber ahne ich. Seine zentrale Botschaft scheint so weit entfernt von unserem wirtschaftsorientiertem Weihnachtsfest zu sein, wie wir von der nächsten Galaxie.

Wir fassen einen Begriff mit unserem Ratio-Netz ein (zum Beispiel die „Nächstenliebe“).

Freuen uns dann dermaßen darüber, dass die Imaginationskraft überfließt und schwenken dann in der festen Überzeugung eine Erkenntnis in der Hand zu haben diesen Begriff mit unseren im Wind vorhandenen oder nicht vorhandenen wehenden Haaren hin und her, ohne zu merken, dass wir zwar einen Begriff, diesen aber nicht wirklich begriffen haben.

Ungefähr so wie ein Kindergartenkind, das durch Gruppenzwang genötigt ein Luxusklassenschlitten aus Knete zu formen, in seiner Verzweiflung ein Gebilde formt, das eher aussieht wie eine elvismäßig gutaussehende Schildkröte und diese dann auf den Tisch knallt, in der vehementen Behauptung (und auch mit Schweiß begleiteter Überzeugung) eine glasklare Entsprechung mit einem Oberklassenfahrzeugsdings erreicht zu haben.

Na ja, ich behaupte jetzt mal (und bin auch schweißmäßig davon überzeugt), dass dies ein treffendes Beispiel war.

Wie dem auch sei und um wieder zum Pamphlet zurückzukehren, scheint der Wahnsinn in die Umsetzung dieser in dunkler Vorzeit liegenden urmenschlichen aber vielleicht auch ureigenst-menschlichen Botschaft Einzug gehalten zu haben.

Dafür möchte ich jetzt mal nicht nur die Amerikaner verantwortlich machen. Die sind ja auch nur Menschen.

Auch nicht unser System (das habe ich auch noch nie persönlich kennengelernt).

Trotzdem frage ich mich, warum mir dieses alljährliche konsumorientierte Weihnachtsfest so zuwider ist.

Es ist nicht von ungefähr die ertragreichste Zeit des Jahres für den Handel, die dementsprechend von der Werbung (die kenne ich persönlich leider auch noch nicht, nur von Hörensagen) zusätzlich aufgepuscht wird.

Ich nehme für mich nicht in Anspruch, die Botschaft dieses Jesus zu kennen.

Ich gebe aber zu, dass ich ihn sehr gerne Mal kennengelernt hätte, um mir mein eigenes Bild von ihm zu machen. Leider muss ich mich auf das Bild, das die Augenzeugen den Geschichtsschreibern hinterlassen haben (oder zumindest auf das Bild, das die NT Schreiber aus dem Bild der Augenzeugen gezeichnet haben) verlassen.

Aber ein junger Kerl, der sein Heimatdorf verlässt und in die Wüste geht, um sich selbst zu finden, mutet schon recht seltsam an.

Dann kehrt er mit einem recht beeindruckendem Charisma aus der Wüste zurück, sammelt nicht nur 12  mitten im Leben stehende Männer, sondern auch bald eine ganze Ansammlung von Pennern, Kranken, Asozialen, Nutten und wasweißichalles um sich, um ihnen auf einem Berg eine Agenda mitzugeben und schließlich aufs Ganze zu gehen.

Kamikazeflug auf den Flugzeugträger des damaligen Systems. Der Samen eines neuen Sinns im fruchtbaren Boden des Straßenrandes gesät.

Ich behaupte, dass Jesus wusste, dass er mit dem Besuch der Hauptstadt sein Leben aufs Spiel setzen würde (der nahe Osten war schon damals sehr umkämpft).

Integer schien er gewesen zu sein. Unterschrieb seine Botschaft des bedingungslosen Grundeinkommens… halt falsch! … ich meine natürlich der bedingungslosen Nächstenliebe mit seinem eigenen Blut und das recht leserlich.

Was sagt mir das persönlich?

Eines, was ich daraus lernen kann, was mir annähernd erstrebenswert erscheint, ist diese Botschaft einer Liebe, die uns selbst übersteigt, indem es uns in der Sorge um andere selbst verzehrt.

Klingt schlimm, ist es aber nicht, denn schlimmer scheint es zu sein, an sich selbst gefesselt zu sein (Kostprobe gefällig? Langeweile!).

Sich selbst einen Augenblick lang vergessen in der Fürsorge um den Anderen. Ein Stück Sterben für den Anderen. War nicht das die Botschaft? Vielleicht, vielleicht nicht, vielleicht war auch alles nur ein Missverständnis.

Vielleicht bin ich auch nur ein Keks, der sich nach Milch sehnt.

Wer weiß das schon, aber heiliger Bimbam, ist Wissen wirklich der Sinn von alledem?

Eines befürchte ich aber zu ahnen:

Würde ich nach 40 Tagen nur mit dem Proviant des „Gottvertrauens“ aus der Wüste kriechen, zurück in unsere Weihnachtszeit, würde ich mich aller Wahrscheinlichkeit nach erst einmal übergeben…

Fröhliche Weihnachten!