Mit ‘Sinn’ getaggte Beiträge

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Die Reflexion treibt manchmal seltsame Blüten.

Nehmen wir beispielsweise die philosophische Reflexion über den Sinn.
Da macht sich unser Geist von seinem ureigensten Ort auf und beginnt zu suchen. Aber er verlässt seinen Standort nicht wirklich, sondern betrachtet sich eher in der Art einer Spiegelung.
So versucht er in dieser Selbst-Beschauung sein Dasein zu interpretieren und scheitert, weil er nicht weiß, wo er anfangen und aufhören soll.
In dieser großen Fremde hält kein Anker.

So geht er stattdessen dazu über alles zu entwerten, da er nicht adäquat interpretieren kann. Es ist ihm nicht möglich. Ist es nicht sogar so, dass das „Adäquate“ das „Interpretieren“ ausschließt?
Damit nicht genug, setzt er diese Entwertung als seinen Wertungsmaßstab und als seine (Pseudo)-Interpretation von Dasein.
Doch die Entwertung als Reflexionsprinzip frisst sich selbst und das ahnt er.
So fällt auch dieser Anker mitsamt dem Seil in den Abgrund und lässt nichts zurück.  Keinen Sinn,  Sinnlosigkeit, ein Treiben auf dem Ozean der Leere und des Schweigens.

Doch je weiter er sich auf diesem weiten und leeren Ozean auf das Schweigen einlässt, umso mehr beginnt er sich selbst von seinem ureigensten Ort her zu hören. Oder besser gesagt, er wird sich seiner Sinne gewahr, wie sie ihn permanent mit Sinn versorgen. So beginnt er langsam zu verstehen, dass der Sinn ihn schon immer berühren konnte, schmecken, fühlen, ja sogar sehen und auch riechen und dass sich diese Impressionen schon immer von selbst verbanden und die Leere mit Klang füllten, oder eben mit Sinn.
Wie kann das sein, fragt er sich?

Während unser Geist auf der Suche nach dem Sinn war, „begriff“ die Hand. Sie hat die Form und die Materie verstanden.
Während unser Geist den Sinn nicht finden konnte, nahm der Mundraum schon zusammen mit der riechenden Nase gustatorisch Sinn „wahr“.
Sie interpretierten auf ihre Weise nicht entwertend. Sie haben der Materie ein neues Verständnis von ihr abgerungen.
Während unser Geist langsam ahnte, „sahen“ die Sinne schon. Bevor unser Geist sich über das Sehen bewusst wurde, hatten sie schon lange verstanden.
Das Auge hat das Licht und den Raum verstanden. Es hat ihn nicht entwertend interpretiert.
All diese „Sinne“ haben ihren Sinn aus einer geheimnisvollen und unschuldigen Interpretation ihrer eigenen „Ek-stase“.
Dadurch eröffneten sie sich ihre Welt und wurden zu kleinen Philosophen.
Das Auge ein Philosoph des Sehens, die Ohren Philosophen des Hörens und so fort.
Obwohl sie Experten in ihren Bereichen waren, schotteten sie sich aber nicht voreinander ab. Im Gegenteil, sie verbanden sich in einer Liebesheirat, ihre Umgebung verstehend und Sinn findend.

In diesem Lichtkreis stehen wir nun und reflektieren, wohl wissend dass auch die obigen Gedanken nichts weiter als Reflexionen sind.

Es ist paradox, aber während wir in der gedanklichen Reflexion krampfhaft nach Sinn suchen, brandet zeitgleich der Sinn an unserem Leib und macht die Sinne voll.

Die Reflexion treibt manchmal seltsame Blüten.
Sinnliche Reflexionsblüten.

Im Rachen des Löwen

Veröffentlicht: Februar 6, 2013 von kynischetonne in Eigene Texte, Literatur
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Im Rachen des Löwen zu suchen den Sinn,
von der warmen Feuchtigkeit ergriffen,
bewegt zu seinem Gaumen hin.
Dort den Sinn als Würze begriffen.

Herr Tod

Veröffentlicht: November 17, 2012 von kynischetonne in Eigene Texte, Literatur
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Eines schönen Tages ging Herr Blind im Park spazieren.
Nach einer Weile bemerkte er einen Mann, der andauernd im Kreis spazierenging.
Herrn Blind verwunderte dies sehr und so beschloß er diesen Mann zu fragen,
weshalb er dies tat.

„Mein Herr, warum gehen sie andauernd im Kreis?“

Der Mann erwiderte ohne aufzuschauen:

„Wenn ich im Kreis gehe, gibt es kein Ende.
Würde ich geradeaus gehen, so würde ich mit dem Gefühl geradeaus gehen,
irgendwann ans Ende meines Weges anzukommen. Dies möchte ich mir
ersparen, indem ich hier im Kreis gehe.“

Herr Blind verstand diesen Mann nicht und sah keinen Sinn in dem, was der
Mann tat.
Deshalb sprach er:

„Wenn sie andauernd im Kreis gehen, finden sie kein Ende, aber welchen Sinn hat dies?
Wenn sie andauernd im Kreis gehen, können sie auch kein Ziel haben und wo bleibt der Sinn, wenn es kein Ziel gibt?“

Der Mann, der andauernd im Kreis ging, hielt plötzlich inne und schaute auf.

„Es gibt kein Geradeaus.
Würde ich immer nur geradeaus gehen, würde ich eines Tages an den Ort, an dem ich loslief, wieder ankommen.
Eigentlich wäre ich da auch nur im Kreis gelaufen, mir aber käme es vor, ich
wäre geradeaus gelaufen.
Sie sehen, mein Freund, es gibt kein Geradeaus,
genauso wie es kein Ziel gibt.
Deshalb gehe ich hier im Kreis, um mir dies vor Augen zu halten.“

Der Mann schaute wieder zu Boden und begann sein Kreisweg fortzusetzen.
Herr Blind schaute dem Mann noch eine Weile zu und da es ihn betrübte, den
Mann so laufen zu sehen, ging er nach Hause um sich zu erhängen.
Der Mann ging weiterhin im Kreis und es kamen ein paar Leute vorbei, die Herrn Tod grüßten.