Mit ‘Raum’ getaggte Beiträge

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Noch bevor im Anfang das Wort war, war es die Atemnot.
Sie war es, die zuallererst das Wort als Schrei nach Erlösung von ihr selbst hervorbrachte (denn wird man sich nicht nach dem ersten aller Atemzüge des Angesichts der ewigen Atemlosigkeit gewahr, der so zum Urgrund allen Schreiens werden muss?)

Dieser Schrei nun gebar die Titanen, die durch ihr wildes und panisches Um-sich-schlagen den Raum erschufen.
Der Raum war der erste aller Frevel, weil seine Weite die atemberaubende Maßlosigkeit war
und an den Anfang des Wortes erinnerte (wegen dieser Schuld banden die Götter die Titanen und nahmen ihnen den Atem).
Durch diese Erinnerung kam aber das Leiden, das als Hintergrundrauschen des Raumes allgegenwärtig war.
Niemand konnte ihm entfliehen und deshalb musste er gebändigt werden.
Die Menschen versuchten es, indem sie den Titanen die Schuld gaben (war es denn nicht Prometheus gewesen, der die Menschen mit dem Feuer an die erste Atemnot erinnerte?).

Mit der Schuldzuweisung kam die Relation in den Raum.
Sie ermöglichte es nun, die Maßlosigkeit ihrer Weite mit dem Maß zu binden.
Doch die Menschen bemerkten erst viel zu spät, dass die Relation sie selbst im Raum in den Mittelpunkt setzte.
Die zuschauenden Götter verwandelten sich. Sie wurden zu den Menschen, die sich vereinten zu dem einen Gott (die Pluralität wurde durch den Blick – den die Relation schuf – , Einheit).
Anstatt den zuschauenden Göttern zu antworten, mussten sie sich nun selbst antworten.
Auch die Schuldzuweisung fiel auf sie zurück, denn sie vernahmen nun den ersten Schrei nach Erlösung von der Atemnot bei sich selbst.  Sie waren dieser Schrei geworden, denn dieser Schrei war das Wort und das Wort war Gott (was die Menschen nicht wussten, aber bald verspürten, war, dass sie die Atemnot dadurch herbei riefen).

Mit diesem neuen und einzigen Gott schwand langsam die Fähigkeit des Atmens unter den Menschen, so dass sich einige von ihnen auf den Weg machten, Prometheus zu suchen und ihn um Hilfe zu bitten.
Einer fand ihn schließlich in der Einöde, gefesselt und an seiner Seite blutend. Er litt unerträgliches Leid – das ihm der Raum in Form eines Adlers – immer wieder von neuem – zufügte. Der Mensch hatte Mitleid und befreite den Lehrer aller Menschen.
Und weil Prometheus dem Menschen sehr dankbar war, verriet er ihm das Geheimnis des Atmens, um ihn von dem giftigen Einfluss des Schreis – das ja auf die unendliche Weite der Atemlosigkeit verwies – zu heilen.

Er sprach: „Es gibt kein Schrei jenseits des Atmens. Das Atmen ist das Werden des Schreis, aber auch sein Vergehen. Das Atmen ist auch Werden des Raumes und auch das Werden des Werdens. Es bleibt nicht stehen, es hört nicht auf.
In seinem Werden wird es aber niemals das Gleiche sein.
Es ist immer neu. Es ist frische Luft, die die Weite berührt und an diesem Ort euer eigenes nie aufhörendes Werden ist.“